Der Kriegsfilm ist eigentlich schon von allen möglichen Seiten ausgeleuchtet worden. Über die brillanten, traumatischen Einträge von Francis Ford Coppola und Oliver Stone bis hin zu Stanley Kubricks satirisch überspitzter Abrechnung mit der Ausbildung junger Erwachsener zu skrupellosen Killern hat der Zuschauer von heute schon jede erdenkliche Auseinandersetzung bestaunen dürfen. Der (Anti-)Kriegsfilm zeichnet sich jedoch vor allem dadurch aus, das Gezeigte als unmenschlich und grausam darzustellen, seine Darsteller an den Brutalitäten zerbrechen zu lassen – bisher wurde immer nur die scheußliche Seite gezeigt. In Kathryn Bigelows „The Hurt Locker“ ist das zwar auch nicht wirklich anders, aber in gewisser Hinsicht schon außergewöhnlich, da die Regisseurin den Krieg auch als Faszination einstuft. Protagonist Staff Sergeant William James liebt den Kick, der ihn ihn immer dann innerlich wortwörtlich fast explodieren lässt, wenn er eine Bombe entschärft. Aus dieser Prämisse heraus entwickelt sich eine gefährliche Sucht, die nicht nur zur Bedrohung für den Sergeant selbst, sondern auch für das ganze Team werden könnte – denn James geht so rücksichtslos vor wie nur möglich und treibt damit die schlechte Stimmung des Trupps auf die Spitze.
Hinter dem unheimlich dämlichen deutschen Untertitel, der auf hirnlose B-Movie-Verblödung hinweist, versteckt sich in „The Hurt Locker“ dann auch ein Kriegsfilm, der an Intensität kaum zu überbieten ist. Filmisch reicht das an „Apocalypse Now“ und andere Geniestreiche natürlich nie heran, bewegt sich dafür aber allerdings eher in dokumentarisch angehauchten Gebieten, die umso hilfreicher sind, wenn Bigelow auf die Dramatik hinweisen möchte. Im Gegensatz zu Coppolas virtuoser Oper präsentiert „The Hurt Locker“ einen dreckigen, schonungslosen Krieg und versetzt Protagonisten sowie Zuschauer mitten in das Geschehen. Und dabei kann jeder falsche Handgriff zum sofortigen Tod führen – weshalb sich Bigelow auf das Atemlose konzentriert und Momente und Szenen abliefern, die wahrlich elektrisierend sind. Wenn James seinem Schutzanzug entsteigt, um besser arbeiten zu können, fiebert man wortwörtlich mit und erkennt, dass „The Hurt Locker“ inszenatorisch ganz oben mitspielt. Der Tod ist allgegenwärtig, da werden kleinere Freundschaften – die später benutzt werden, um die Ekel dieses Kriegs zu zeigen – zum winzigen Hoffnungsschimmer in einer von Trauer und Hass dominierten Wüstenwelt.
Bigelows Arbeit ist dabei druckvoll, dynamisch und temporeich, zeugt von einem Reifungsprozess, der jetzt beendet zu sein scheint – und in „The Hurt Locker“ gipfelt, der rein optisch ebenfalls blendend ist. Die staubige Atmosphäre inmitten unübersichtlicher – und deshalb manchmal tödlicher – Häuserschluchten jedenfalls wird nahezu atemberaubend auf den Bildschirm transportiert und mit der Warnung unterlegt, dass nichts wirklich so ist, wie es scheint und man auf alles gefasst sein muss. Weshalb die Jungs der Bombenentschärfereinheit ihr trostloses Dasein auf irgend mögliche Art und Weise zu verschönern versuchen, sich dabei aber ihrer Hoffnungslosigkeit bewusst sind. Die täglichen Streifzüge scheinen nie zu enden, der gesamte Aufenthalt, der vermutlich erst mit der Verwundung oder gar dem Tod ausläuft – zuvor jedoch muss man erst einmal durch dutzende Kreise steigen, die Bigelow schonungslos porträtiert. Überall lauert die Gefahr in „The Hurt Locker“, und ihr ist nur mit Eskapismus entgegen zu setzen. Oder aber, wie im Fall von Sergeant William James, man kehrt das bekannte Prinzip um und macht aus der Nervosität ein lustiges, spannendes Spiel – welches wiederum ausartet und kaum mehr zu kontrollieren ist. Denn James ist süchtig geworden und erkennt nicht, in welche Gefahren er sich und seine Mannschaft damit bringt.
Und zu Hause fühlt sich James unnütz, ihm fehlt etwas, und es gibt nur eine einzige Sache, erklärt er seinem Sohn, die er wirklich liebe. Er kehrt zurück in das Krisengebiet, ein weiteres ganzes Jahr steht an. Nur hier fühlt er sich wohl – mitten in der gefährlichen Falle, wie Bigelow deutlich aufzeigt. Dieses Paradoxon zeichnet die Regisseurin zwar etwas zu aufdringlich, man mag es ihr aber im gleichen Atemzug wieder verzeihen, wenn sie ihre Erklärung in erstaunliche Bilder kleidet und aus dem Widerspruch die Abbildung einer verstörten Psyche macht. Ihr inszenatorischer Stil ist dabei stets so sicher, wie er sein muss, um sich dem seriösen Thema differenziert genug zu widmen. Bigelow setzt auf sichere Groß- und Hektik evozierende Nahaufnahmen, führt ihre Figuren gekonnt durch die Geschichte, weitet diese zwar ein wenig unnötig aus, zeigt aber so gleichermaßen auch, wie die Länge mancher Einsätze die Soldaten aufreiben kann. Denn ebenso wie den Protagonsietn strapaziert Bigelow den Zuschauer mit bewegungslosen Szenen, in denen man nur auf den Schlag der versteckten Gegner wartet. Diese Momente wirken zwar oberflächlich betrachtet langweilig, sind aber wohl großartig gefilmte, realistische Darstellungen der Problematik im Irakkrieg. Doch ebenso wie das nervtötende Verharren zeigt Bigelow die wirre Hektik, bellende Schreie und schwitzende, verzweifelte Männer.
Grund genug also für die internationalen Kritiker, „The Hurt Locker“ unzählige Male zu prämieren und auch sonst als wirklich gelungenes Kriegsdrama von beachtlicher Intensität zu loben. Und schließlich 2009 mit dem verdienten Oscar zu veredeln: Bigelows bisher bestes Werk muss aber auch von seiner bedeutungsschweren Seite gesehen werden. Das Medium Film hat verstanden, welche Aussagekraft es besitzt – und die Oscarjury anscheinend ebenso, dass man mit Preisen aufmerksam machen kann. Man möge also nun hoffen, dass „The Hurt Locker“ ein eindeutiges Zeichen gesetzt hat – und als sensationell gespielter, inszenatorisch reifer Kriegsfilm in die Filmhistorie eingeht.
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