Gepriesen als „Motion Picture Event of a Generation“ startet jetzt der vorletzte (Film-)Teil der Harry-Potter-Reihe. In zwei eigen stehende Werke aufgeteilt neigt sich der ewige Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Harry und Voldemort, langsam dem Ende zu. Denn Der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf versucht nun nicht mehr nur, Harry zu töten, sondern greift gleich zur weitaus drastischeren Methode, um seinen Erzfeind zum Handeln zu zwingen: Er bringt das Ministerium für Zauberei unter Kontrolle, führt strenge Kontrollen ein und regiert mit faschistischer Gesinnung - „Magic is Might“ ist die neue Parole, und nur der, welcher wirklich reines Magierblut hat, ist lebenswert. Harry will gleichzeitig die Aufgabe, die ihm der inzwischen verstorbene und ehemalige Schulleiter von Hogwarts Albus Dumbledore auferlegt hat, zu Ende bringen und die so genannten Horkruxe finden und zerstören. In beliebige – aber, weil es Voldemort nicht lassen kann doch wertvolle und außergewöhnliche – Gegenstände hat der dunkle Lord seine Seele einst aufgespalten, um scheinbar unbesiegbar zu sein. Schließlich tötet man nur seinen Körper, nicht aber seinen Geist, wenn man ihn mit dem tödlichen Fluch belegt. Dumbledore hat die Suche nach den Horkruxen begonnen, kann sie nun aber nicht mehr weiterführen, weshalb Harry sich in der Pflicht sieht, den Kampf endgültig zu vollenden.
Das siebte und letzte Buch der schon legendären Reihe war allgemein das handlungsärmste: Die Suche nach den Horkruxen, der Trip durch wunderschöne und abschreckende Landschaften, wurde von J.K. Rowling extrem in die Länge gezogen, und auch die finale Schlacht um (oder besser: in, denn es geht noch um viel mehr) Hogwarts kann das kaum kaschieren. Es passiert eigentlich eher wenig im Buch – aber noch sehr viel weniger im Film. Der nämlich reiht wahllos Szene an Szene und schafft es deshalb auch nicht, einen gewissen Fluss in die Handlung zu bringen. Wenn dazu aber noch kommt, dass unzählige Sequenzen sowieso nicht aussagekräftig sind, fragt man sich, wie es Yates gelungen ist, „Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1“ auf 146 Minuten zu straffen. Das Trio um Harry reist ein wenig durch die Gegend, verzweifelt an Horkurxen, löst für eine kurze Zeit Ron von sich, ehe dieser später wieder zurück kommt, um Harry zu retten. Dazwischen gibt es viel Reden um nichts, wenn sich Harry und Hermine auf grauen Steinplatten über Inschriften auf einem Schnatz unterhalten - so unglaublich unspannend und unspektakulär war ein Harry-Potter-Film noch nie. Wild in die Geschichte werden dümmliche Actionszenen gestreut, die so gar nicht nötig gewesen wären, etwa der kleine Kampf mit zwei Todessern in einem Restaurant.
Das vorletzte filmische Werk der Reihe schafft es überhaupt nicht, mit seinen immerhin zügigen Vorgängern, aber schon gar nicht mit den fulminanten ersten Teilen – welche immer noch die besten darstellen – mitzuhalten. Bot „Harry Potter and the Philopher's Stone“ einen atmosphärischen und humorvollen Einstieg, avancierte sein Nachfolger zum kreativen Höhepunkt der Serie und ließ den Helden Harry in den originellsten Endkampf der Serie stolpern. Ab Teil drei jedoch ließ der Einfallsreichtum nach und Rowling konzentrierte sich – teilweise zu – sehr auf die Wandlung Harrys vom begeisterten Schüler zum traumatisierten Einsamen. Die Filme aber verstanden es, die vorhandenen Erzählungen gelungen auf die große Leinwand zu transportieren, ehe man mit „Harry Potter and the Half-Blood-Prince“ den bis dahin schwächsten Film ablieferte. Dieser wird mit nun aber leider noch einmal negativ getoppt: „Harry Potter and the Deathly Hallows“ ist ein extrem zähes, langweiliges und unnötig gestrafftes Kino für diejenigen, die Harry schon immer toll genug fanden, um einen Film allein zum Highlight zu machen. Der 3. Yates-Potter versteckt sich hinter der Tatsache, dass nun alles düsterer und gefährlicher wird. Was wahrscheinlich die unzähligen nervigen Szenen, etwa die blödsinnige Szene im Hause der Malfoys, als Harry und Ron eingesperrt werden und Hermine eine Folter ertragen muss, rechtfertigen soll.
„Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1“ weiß auch sonst nicht so recht, was er denn eigentlich sein will. Road-Movie-Elemente treffen auf gewohnte dramatische Teile, aber auch (pseudo-)psychologische Momente sind zu sehen. Und selbst die sonst furios inszenierten Actionszenen wissen nicht zu überzeugen. Yates reiht eine kleine Zauberstabschießerei an die andere, ohne jemals so etwas wie Spannung zu erzeugen, lässt Harry, Ron und Hermine bei Angriffen der Todesser disapparieren, bei der Flucht vor mysteriösen Greifern aber seltsamerweise nicht. Kein Duell packt den Zuschauer und lässt ihn mitfiebern oder staunen – bevor man überhaupt genießen kann, bricht Yates die Szene wieder ab, um sie in den immer gleich langweiligen Gesprächen münden zu lassen. Selbst die sonst furcherregenden Todesser erscheinen relativ harmlos und höchstens die psychedelische Stille in den Tiefen der Wälder versteht es, einen gewissen Grusel hervorzurufen. Wie drei Teenager, die eigentlich keine mehr sind, und nicht wissen, was sie tun sollen, wirkt das Herumirren von Harry, Ron und Hermine – man merkt, das Hogwarts fehlt. Die Zauberschule gab dem Ganzen eine Begrenzung, sodass die Harry-Potter-Filme stets wussten, wie sie sich zu entwickeln hatten. Im Freien jedoch verliert sich Yates schnell und lässt den neuesten Film des beliebten Zauberschülers zum halbgaren Ereignis verkommen.
Die eindrucksvollen Momente des Werks sind eindeutig den visuellen Bereichen zuzuordnen. In den Wäldern trifft eine kalte Stimmung auf die ständige, aber sonst eher links liegen gelassene Angst, und die Erzählung von den Heiligtümern des Todes ist atemberaubend visualisiert worden. Ebenso gelungen sind die schauspielerischen Leistungen: Daniel Radcliffe meistert Harry nun nahezu perfekt und Emma Watson gibt als Hermine eine überzeugende Figur ab. Von den vielen – im Buch nicht – unwichtigen Nebencharakteren aber ist das größte Debakel des Films klar Ron Weasley: Rupert Grint, der den besten Freund Harrys in den vorherigen Werken immer sympathisch, witzig, wenn auch etwas unbeholfen darstellte, ist in eine lächerliche Rolle gepresst worden. Ron schaut jetzt die ganze Zeit über wie ein bekiffter Irrer drein, ist gemein und fies. Selbstverständlich gibt es den Streit zwischen Harry und Ron auch im Buch – dort aber wird letzterer trotzdem noch als netter und hilfreicher Freund porträtiert, während er im Film zur Witzfigur degradiert wird. Und mit Ron wird auch „Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1“ unsympathischer. Der Film führt Figuren wie Mundungus nur ein, damit er später extrem kurz darauf zurück greifen kann – ohne je genauer zu erklären, wer die Charaktere überhaupt sind und was sie ausmacht.
Insgesamt lässt sich also sagen, dass David Yates mit dem neuesten Harry-Potter-Film den schwächsten der Reihe abgeliefert hat. Der erste Teil des großen siebten Werkes ist nicht nur nichtssagend aneinander gereiht, sondern versteht auch das Buch größtenteils nicht. Dieses nämlich besitzt trotz der aufziehenden Finsternis etwas Hoffnung und zeichnet eigentliche alle Figuren viel genauer, ausführlicher und plastischer. Und die wenigen guten Momente des Films werden spätestens dann auch wieder verschluckt, wenn die nächste große Langeweile auftritt. Man kann und muss also nur hoffen, dass das gigantische Finale wieder einiges gerade biegt. Die Chancen dafür aber stehen eigentlich gut: Viel Handlung und Hogwarts. All das, was „Harry Potter and the Deathly Hallows: Part 1“ nicht besitzt.
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